Erinnerungen sind Bilder und auch wenn wir eine Situation noch nie erlebt haben, existiert in unserem Kopf trotzdem meistens ein Bild, ein Film, eine Vorstellung, wie diese Situation ablaufen könnte. Wenn ich mich in die Situation eines Trainings hineinversetze, wird mir bewusst, dass auch hier ein prototypischer „Film“ bei mir entsteht: 15 Personen befinden sich in einem medientechnisch ausgestatteten Raum, der Trainer steht vorne und hält kurze Vorträge, leitet zu Übungen an und beantwortet Fragen. Die Teilnehmer sind aktiv, weil sie diskutieren und üben, und trotzdem fremdgesteuert, weil das Thema, die Lernmethode, die Zeit und der Raum vorgegeben sind. Warum habe ich genau dieses Bild? Weil ich von Kindheit an entsprechende Erfahrungen gesammelt habe, zunächst in der Schule, dann an der Universität und in anderen Seminaren und Trainings.
Im Rahmen meiner Masterarbeit beschäftige ich mich mit verschiedenen Lernansätzen, die insbesondere im Schulunterricht, aber auch zur Konzeption von Trainings eingesetzt werden können. Dabei bin ich auf einen etwas älteren Artikel des Kognitionswissenschaftlers Roger C. Schank aus dem Jahr 1994 gestoßen, in dem er sich mit der natürlichen Form des Lernens beschäftigt. Ein kleines Kind entwickelt ab einem bestimmten Alter die Motivation, zu laufen. Es möchte sich selbstständig zu einem anderen Ort bewegen können. Und auch wenn dieser Lernprozess mühsam ist und vor allem zu Beginn mit Misserfolgen verbunden ist, gibt ein Kind niemals auf. Es lernt und lernt, bis es das Ziel erreicht hat und endlich laufen kann. Soweit ich weiß, gibt es kein Kind, das jemals aufgegeben hat, weil die Anstrengung zu hoch war und die Motivation verloren gegangen ist.
Die Motivation, zu lernen und Ziele zu erreichen, steckt also in jedem Einzelnen von uns. Warum fällt es uns also manchmal so schwer zu lernen? Warum erscheinen uns manche Trainings so langweilig und sinnlos? Warum haben wir damals als Kinder anders gedacht? Roger C. Schank sagt, die Schule hat uns alle verändert. Plötzlich wurde uns vorgeschrieben, was, wann, wie und wie viel wir lernen. Und plötzlich waren wir unmotiviert und haben uns über jede Stunde gefreut, in der wir nicht lernen mussten. In weiteren Ausbildungsinstitutionen hat sich dieser Prozess fortgesetzt.
Befinden wir uns also in einem Teufelskreis oder können wir das Lernen am Arbeitsplatz so gestalten, dass die natürliche Motivation zum Lernen wieder geweckt wird? Ich würde folgern, dass jeder Einzelne die Möglichkeit erhalten sollte, den Ort, den Weg, die Methode, die Zeit und den Inhalt des Lernens selbst zu wählen. Vielleicht können wir auf diese Weise die Motivation zum Lernen neu entdecken.