13. September 2016

Moderne Technologien bringen neue Möglichkeiten der Kommunikation und Zusammenarbeit mit sich, die auch im Learning & Development Bereich extrem wertvoll und nützlich sein können.

Wenn ein Unternehmen eine belastbare und gestaltungsfähige Enterprise Social Software wie jive oder SharePoint einführt, beschert das den Learning & Development Spezialisten ein Medium, das sie in diversen Qualifizierungsmaßnahmen sinnvoll einsetzen können. Im Folgenden möchte ich gerne mit Ihnen meine Erfahrungen hinsichtlich der Konzeption und Entwicklung einer virtuellen Lern-Community teilen. Außerdem erfahren Sie, welche Vorteile und Herausforderungen der Einsatz einer solchen Plattform im Kontext einer umfangreichen Ausbildungsmaßnahme mit sich bringt.

 

Die Ausgangslage

** Eine Ausbildungsmaßnahme für Mitarbeiter einer Handelsorganisation. Verteilt auf 24 Monate durchlaufen die Teilnehmer mehrere Präsenzmodule; in den dazwischen liegenden Betriebsphasen bearbeiten sie Aufgaben und setzen das Gelernte in der Praxis um; sie erhalten während der gesamten Ausbildungsdauer zahlreiche zusätzliche Lernaufträge in Form von Web based Trainings und durchlaufen mehrere Lernzielkontrollen.
** Zielgruppe: vorwiegend junge Menschen im Alter von 18-25 (Millenials)
** Bisherige organisatorische Unterstützung erfolgt per E-Mail und mithilfe eines Lernmanagementsystems, auf dem alle Web based Trainings und Lernzielkontrollen integriert sind.
** Alle Teilnehmerunterlagen mit theoretischen Hintergrundinformationen werden bisher gedruckt und in Ordnern zur Verfügung gestellt. Eine Umfrage unter ehemaligen Teilnehmern ergibt, dass die Ordner äußerst selten zum Nachschlagen genutzt werden. Außerdem sind zahlreiche Informationen zu dem Zeitpunkt an dem die Abschlussprüfung stattfindet nicht mehr aktuell.
** Der Kontakt der Lerngruppe bricht bisher nach jedem Präsenzmodul ab. Der Wunsch der Teilnehmer nach Vernetzung ist so stark, dass Gruppen in öffentlich zugänglichen Social Media Plattformen und Apps wie Facebook oder WhatsApp gegründet werden.

 

Der konzeptionelle Ansatz

Für jede Lerngruppe („Ausbildungszug“) wird zukünftig eine Community auf der unternehmensinternen Social Media Plattform (jive Basis) gegründet. Die Community fungiert als zentrale Klammer der kompletten Lernumgebung, vom Anfang bis zum Ende der Ausbildung. Sie erfüllt drei Kernaufgaben:

1.) Die Community dient als organisatorischer Begleiter der Ausbildung. Alle Beteiligten finden in der Community schnell und unkompliziert die wichtigsten Dokumente wie die Prüfungsordnung und den Ausbildungsablauf, die aktuellen Aufgaben für die jeweilige Betriebsphase oder auch die Termine und Veranstaltungsorte der Präsenzmodule.

2.) Die Community fungiert als zentrales Nachschlagewerk für alle in der Ausbildung vermittelten Inhalte. Die Teilnehmer haben jederzeit Zugriff auf die ständig aktuell gehaltenen Informationen, können sich einzelne Inhaltsseiten als PDF-Dateien herunterladen und/oder bei Bedarf ausdrucken.

3.) Die Community bietet allen Beteiligten den Raum für einen gemeinsamen Austausch, insbesondere in den Betriebsphasen, in denen das im Training Gelernte in die Praxis übertragen wird.

Der Einsatz einer virtuellen Community hat einen enormen Einfluss auf das Gesamtkonzept der Ausbildungsmaßnahme. Die Erfahrung zeigt, dass Communities erfolgreich funktionieren, wenn sie einen konkreten Nutzen für die Mitglieder schaffen UND wenn in der Community ein respekt- und vertrauensvoller Umgang miteinander (Stichwort Augenhöhe) herrscht. Die Konsequenzen für das Konzept: Die Nutzung der Community ist für alle Teilnehmer freiwillig, die Mitglieder der jeweiligen Community sind auf die Teilnehmer, den durchführenden Trainer und den Community Manager beschränkt, und auch in den Präsenzmodulen muss sich die gleiche Atmosphäre auf Augenhöhe wiederfinden, die man aus dem digitalen Miteinander gewohnt ist.

 

Die Herausforderungen

Aus konzeptioneller Sicht war die größte Herausforderung nicht, die beiden Teile der Qualifizierungsmaßnahme – den Teil, der sich in Präsenzform abspielt und den Teil, der in anderer Form, meist online, stattfindet – zu konzipieren. Die größte Herausforderung war eindeutig die Verzahnung der unterschiedlichen (Lern-)Ereignisse, Medien, Formate, sodass alles aufeinander sinnvoll aufbaut und eine Lernumgebung mit einem Lern-Flow entsteht. Der Flow sorgt dafür, dass sowohl der Lernende als auch das Unternehmen, das in diese Learning & Development Maßnahme investiert, von der Maßnahme viel mehr profitieren als in einem traditionellen Setting. Ganz konkret heißt es auch, dass viel mehr Informationen für den Trainer und den Community Manager bereit gestellt werden müssen, damit jeder weiß, wie die Verzahnung in dem konkreten Fall funktioniert und wer was wann tun soll. Auf der Habenseite schafft dieses Vorgehen eine Transparenz, die Orientierung gibt und Vertrauen schafft. Bei der Umsetzung ist sicherlich die größte Herausforderung, ausreichend Zeit und Manpower sicherzustellen, um neue Communities für neue Ausbildungszüge aufzusetzen und bestehende Communities zu pflegen.

 

Die Erfolgsfaktoren

Folgende Faktoren haben zum Erfolg der neuen Maßnahme am meisten beigetragen:

1.) Ein detailliertes Konzept, in dem nicht nur die Verzahnung der einzelnen Konzeptbestandteile und die Aktivitäten des Community Managers und des Trainers beschrieben werden, sondern auch der Weg, wie man ressourcenschonend an das Aufsetzen und Pflege der einzelnen Communities herangehen kann.

2.) Gewährleistung eines einfachen Zugangs zu der Social Media Plattform und damit der Community.

3.) Ansprechende Gestaltung und klare Navigation innerhalb der Community.

4.) Unterstützung der Beteiligten bei der Orientierung in der neuen Umgebung mit Hilfe von Tools wie „Erste Schritte“ oder „Community Guidelines“.

5.) Unterstützung des Community Managers und des durchführenden Trainers in ihrer neuen Rolle als „Guide“.

An der neuen Ausbildung gefällt mir persönlich am besten, dass es hier nicht darum geht, die Möglichkeiten einer Technologie auszuloten, um sie dann Menschen als fertige Lösung zum Konsum anzubieten. Die beteiligten Menschen stehen eindeutig im Fokus, ihr Mitmachen ist der wichtigste Erfolgsfaktor und die Maßnahme ist gerade deshalb so konzipiert, dass die Beteiligten von Anfang an einen konkreten Nutzen erfahren.

Katerina Krejcarkova
schreibt für den perspektive3 Blog. Ihre Spezialgebiete sind Social Learning, Workplace Learning und Persönliches Wissensmanagement. Sie arbeitet seit 2011 für perspektive3.